„Sâo Paulo ist nicht Rio.“ Ist das erste was meine Pilgerfreunde nach meiner Ankunft in Brasilien über SP sagen und das zweite: „Sâo Paulo ist ein Gourmet-Himmel!“ Fühle mich als hätte ich in den letzten 2 Tagen ein bis zwei Kilos zugenommen. Denn gestartet wird der Tag mit himmlischen Pâo de Queijo, Croissants, Tapiocas und Sanduiches. Mhmmm.
Pâo de Queijo ist ein weiches Käsegebäck mit dem man in Europa bestimmt reich werden würde. Allgemein gibt es hier Delikatessen, die bei uns sehr sicher den einen oder anderen Magen füllen würden und einen Hype auslösen könnten. Habe nun also ein Plan D für meine berufliche Laufbahn :).
Denn meine zweite kulinarische Idee ist, den zwar schon bekannten Mate Tee, in meinem zukünftigen Pâo-de-Queijo-Laden zu vermarkten, doch so, wie hier in Brasilien, denn wie hier habe ich ihn noch nie getrunken! Wirklich himmlisch!
Doch neben dem himmlischen Essen (Mittwoch ist städtischer Fejoada-Tag, was ein Glück) hat mich noch etwas anderes begeistert: Stellt euch vor ihr seid in China-Town, vor einer katholischen Kirche, vor der afroamerikanische, ältere Damen Tarotkarten legen, in Händen lesen und im benachbarten Umbanda-Laden Weihrauchstäbchen, Kruzifixe und Vodoo-Puppen verkauft werden. Genauso war es gestern. Ist das nicht unglaublich, was für eine religiöse Toleranz alleine in dieser einen Szene liegt? Leider habe ich kein Foto machen können. Aber es was wirklich beeindruckend.
Noch beeindruckender waren die Gesprächsthemen für mich, die ich hier in Sâo Paulo hatte. Spiritualität, Spirits, Umbanda, Out-of-Body-Erfahrungen, über all das wird hier oder wurde hier gestern in geselliger Runde offen gesprochen. Und nicht wie bei uns in Deutschland, wo Themen wie diese eher „sozialen Tabus“ unterliegen, hatte ich gestern die Gelegenheit mit 5 Absolventen der Higher School Of Economics drüber zu quatschen. Also nicht wie bei uns gerne als „Esoterikfreaks“ abgetanen „Spinnern“ (nicht meine Meinung …). Bei uns, wo vieles von den akademischen Eliten als „Humbuk“ abgetan wird, wird hier offen gequatscht, gestritten, diskutiert. Wirklich beeindruckend. Und vorallem, da es ein normales Gesprächsthema zu sein scheint.
Auch politische Themen wurden hier sehr offen besprochen. Vielleicht ist es einfach einfacher 1000-ende Kilometer entfernt von Europa von einem anderen Blickwinkel auf Politik und Gesellschaft zu schauen. Aber ich bin unglaublich dankbar, dass Reisen eben nicht nur Sightseeing ist, sondern Menschen unterschiedlicher Herkunft zusammenbringt, zu Gesprächen einlädt, wir gemeinsamen lachen und diskutieren können. Meine Reise hat sich jetzt schon gelohnt, da ich so tolle Menschen kennen lernen durfte. Schon in Lissabon beim gemeinsamen Essen im Hostel, was wir bis 2 Uhr nachts hinzogen und nun hier auf einem Balkon, mit einer Zigarre in der Hand im lauten und vielleicht etwas stickigem Sâo Paulo.
Oben seht ihr meinen lieben Camino-Freund Leo vom Jakobsweg 2017. Und wie sollte es natürlich anders sein, wenn zwei „Pilger“ durch Sâo Paulo ziehen? Kaum an der Ampel nach rechts gedreht und wir entdecken in einem Kiosk ein Buch über den Jakobsweg. Mit dem schönen Camino-Zeichen. Vielleicht das einzige in Sâo Paulo?
Ultreia e buen Camino! Auf geht’s nach Argentina!
❤
Schön, was Du alles erlebst. Deine Mutti hat ja kaum noch Erinnerungen an die Zeit in Sao Paulo. Wir schon. Gern erinnern wir uns an die sonntäglichen Bummel zum Ipirapuera-Park oder zur Praca da Republika (Hippie-Markt). Gewohnt haben wir in der Rua Augusta in der Nähe der Avenida Paulista.
Liebe Grüße Oma & Opa