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Pilgern zu Corona-Zeiten – Ein Interview, zwei Wege

Vor einigen Wochen sind zwei liebe Pilger den Camino in Corona-Zeiten gelaufen und standen mir für ein kleines Interview zur Verfügung. Jaime, mein Pilgerfreund aus Castilla La Mancha, Spanien den ich selber auf einer Pilgerreise kennen lernen durfte und die liebe Ulla aus NRW, die ich über andere Pilger kennen gelernt habe. Ich freue mich sehr, dass beide Zeit hatten ein paar Fragen zu beantworten und tolle Bilder mitschickten. Die beiden sind zwei ganz unterschiedliche Wege gegangen. Jaime ist den Camino Francés mit seiner Freundin gelaufen und Ulla alleine die Via de la Plata.

Jaime und Anastasia mit zwei Pilgerfreunden

Warum seid ihr in diesem Jahr den Camino gelaufen?

Jaime: Aus religiösen Gründen. Außerdem sind wir letzten Sommer von Burgos nach León gewandert und wollten die Pilgerreise bis nach Santiago beenden. (Original: Por motivos religiosos. Además, el verano pasado hicimos de Burgos a León y queríamos terminar el peregrinar hasta llegar a Santiago.)

Ulla: Ich bin in diesem Jahr den Jakobsweg gegangen, weil es für mich die höchste Form der Erholung ist, ich meine Gedanken bearbeiten und loslassen kann. Außerdem bin ich eine Abenteurerin und war gespannt darauf, wie es unter Corona-Bedingungen klappen könnte. Ich stelle mich gerne neuen Herausforderungen. Es war aber viel weniger spektakulär und kompliziert als erwartet. Eine weitere Motivation war die Ermutigung meines Neffen Johannes, der gerne pilgern wollte, sich aber noch nicht so recht traute. Ich bin ihm Voraus gegangen und er startet am nächsten Wochenende, allerdings läuft er den Camino del Norte. Er meinte, dass ich ihn sehr motiviert hätte

Pilgerin Ulla

Habt ihr alle Unterkünfte im Voraus gebucht?

Jaime:  Nur einen Tag im Voraus riefen wir in den Herbergen der nächsten Stadt und im nächsten Dorf an, um zu fragen, ob sie noch eine Unterkunft frei hätten, um zu vermeiden, dass wir kein Zimmer mehr bekommen. (Original: Únicamente con un día de antelación llamábamos al albergue del pueblo siguiente para ver si tenían disponibilidad de alojamiento para evitar la opción de quedarnos sin sitio.)

Ulla: Einige Übernachtungen hatte ich von zu Hause aus organisiert, bei anderen spontan angerufen und in „perfectly spanish“ reserviert. Aber auch Booking und Co haben sehr geholfen. Nachdem die großen Herbergen noch nicht aufhatten, bin ich in kleinere Unterkünfte abgestiegen. Das kam mir aber auch entgegen, weil ich die Ruhe und damit auch Einzelzimmer liebe.

Gibt es eine Unterkunft, die euch inspiriert hat und die ihr empfehlen könnt?

Jaime: Ja, in Foncebadón, in der Herberge „El convento“ waren wir sehr zufrieden, die Behandlung dort war hervorragend und die Ausstattung ist wirklich sehr gut. Auch das Essen war sehr lecker und wir waren besonders von der Knoblauchsuppe angetan. Abgesehen davon war es ein Ort, der zum Studieren und Nachdenken einlud, er liegt in einem kleinen Dorf mitten im Gebirge. Auch das Hotel „O Cebreiro“ in dem kleinen galicischen Dorf O Cebreiro war ein ganz besonderer Ort auf unserem Weg. Sowohl das Hotel-Restaurant als auch der Ort selbst haben einen besonderen Zauber. (Original:Si, en Foncebadón el Albergue “El convento” quedamos muy satisfechos, el trato fue exquisito y las instalaciones están muy bien. También, la comida era muy sabrosa en especial quedamos sorprendidos con la sopa de ajo. Dejando al lado el tema ergonómico fue un lugar en el que invitaba al estudio y la reflexión, se sitúa en un pequeño pueblo en mitad de la montaña.También, el hotel O cebreiro en la pequeña aldea gallega de O´cebreiro fue el sitio más especial de nuestro camino. Tanto en el hotel-restaurante como el pueblo en si tienen una magia especial.)

Habt ihr eine besondere Erfahrung gemacht?

Jaime: Nachdem ich 330 km zurückgelegt hatte, gab es viele besondere Erlebnisse, es wäre schwierig, sie alle zu nennen, denn der Jakobsweg selbst ist ein besonderes Erlebnis. Doch die Eucharistie, die in der kleinen und alten Kirche Santa Maria in O Cebrerio gefeiert wurde, hatte etwas Magisches. (Original: Tras recorrer 330 km fueron muchas las experiencias especiales, sería difícil nombrarlas todas pues el camino de Santiago en si es una experiencia especial. No obstante , la Eucaristía celebrada en la pequeña y antiquísima Iglesia de Santa María en O´cebrerio fue algo mágico.)

Habt ihr andere Pilger getroffen?

Jaime: Man muss bedenken, dass wir den Camino am ersten Tag nach der Aufhebung des Alarmzustandes durch die spanische Regierung begannen, so dass es in der ersten Woche nur sehr wenige Pilger gab. Als wir in Sarria ankamen, wuchs die Zahl der Pilger exponentiell. Das bedeutete, dass wir andere Pilger trafen und mit ihnen Erfahrungen, Kilometer und die gelegentliche Mahlzeit teilen konnten. Obwohl es mehrere Pilger gab, mit denen wir eine engere Beziehung hatten, war es Jellemieke, ein belgisches Mädchen, mit der wir bis heute in Kontakt sind und wir haben eine sehr schöne Freundschaft aufgebaut. (Original: Hay que tener en cuenta que empezamos el camino el primer día de quitar el Gobierno Español el estado de Alarma, por tanto,  había muy pocos peregrinos la primera semana. Una vez llegados a Sarria el número de peregrinos creció exponencialmente. Esto dio lugar a que conociéramos a otros peregrinos y pudiéramos compartir con ellos experiencias, kilómetros y alguna que otra comida. A pesar de que fueron varios los peregrinos con los que tuvimos un trato más cercarnos , fue Jellemieke, una chica Belga la que al día de hoy seguimos estando en contacto y creamos una bonita amistad.)

Ulla: Ich habe auf dem gesamten Weg keinen einzigen Pilger gesehen, gehört oder gesprochen, aber ich hatte damit gerechnet und war somit auch nicht überrascht.

Was war euer besonderer Moment auf dem Camino?

Jaime: Der schönste Moment war zweifellos im privaten Kreuzgang des Hotels „Reyes Católicos“ in Santiago, wo ich meiner damaligen Freundin Anastasia einen Heiratsantrag machte. Heute sind wir glücklich Verlobte und warten auf unseren großen Tag. (Original: Sin lugar a dudas, el momento más especial fue en el Claustro privado del Hotel Reyes Católicos en Santiago, donde le pedí matrimonio a mi por aquel entonces novia Anastasia. Al día de hoy estamos felizmente prometidos y a la espera de que llegue nuestro día.)

Ulla: Du fragst nach der besonderen Erfahrung: Ich habe in den Jahren des Pilgerns immer wieder erlebt, dass die Wegstrecken wie unsere Lebensstrecken aussehen, mal spektakulär, mal unüberschaubar, mal voller Überraschungen, mal trist und regnerisch und auch superlangweilig…… In diesem Jahr ist mir das auch wieder so ergangen, ganz auf mich und meiner Befindlichkeit konzentriert Stunde für Stunde einen Langstreckenweg zu gehen, Gedanken kommen und gehen zu lassen und frei zu werden im Kopf und die Sinne zu schärfen! Besser als jede Psychotherapie oder Reha, denke ich!  Das sind die besonderen Momente, von denen ich schon so viele erleben durfte.

Würdet ihr den Camino gerne noch einmal gehen?

Jaime: Nachdem ich 4 Mal in 2 Jahren nach Santiago gepilgert bin, ist die Zeit gekommen, den Camino de Santiago ein wenig beiseite zu lassen. Obwohl im Moment meine Pilgerreisen vorbei sind, bin ich mir sicher, dass ich in ein paar Jahren zurückkehren werde, denn er ist die perfekte Quelle, wo man seinen spirituellen Durst stillen kann. (Original: Tras peregrinar a Santiago 4 veces en 2 años ha llegado el momento de dejar un poco al lado el camino de Santiago, no obstante , aunque por la presente se haya acabado mis peregrinajes tengo claro que en unos años volveré , es la fuente perfecta donde calmar tu sed espiritual.)

Ulla: Im nächsten Jahr gehe ich in den Osterferien ab Caceres weitere 300 km und im Jahr 2023 nach Santiago (wenn es die Gesundheit zulässt). Ein Zeitfenster im Jahr (meistens in den Osterferien) ist die Pilgerzeit. Meine Familie und mein Freund wissen das schon und sie merken, dass es mir sehr gut tut. Daher ermutigen sie mich auch in dieser Regelmäßigkeit zu gehen.

Glaubt ihr, dass es etwas Besonderes auf dem Camino gibt, das ihn einzigartig macht?

Jaime: Zweifelsohne ist der Jakobsweg etwas Einzigartiges und Unwiederholbares. Er ist in einen besonderen Zauber gehüllt, der dank der guten Energien und des Glaubens jedes Pilgers, jeder Gastfreundschaft, jedes Priesters und vor allem dank der Kraft des Herrn und des Apostels Santiago den Jakobsweg zu etwas Einzigartigem macht, das den Geist und die Seele eines jeden, der ihn geht, verwandelt. (Original: Sin lugar a dudas, el camino de Santiago es algo único e irrepetible. Este está envuelto en una magia especial que gracias a las buenas energías y a la fe de cada peregrino, de cada hospitalario, de cada sacerdote y en especial gracias a la fuerza del Señor y del Apóstol Santiago hacen que el caminar hacia Santiago sea algo único que transforme la mente y el alma de cada uno de quien en él se encuentre.)

Welchen Rat möchtet ihr Menschen geben, die noch unentschlossen sind, ob sie den Camino gehen sollen?

Jaime: Dass sie nicht eine Sekunde zögern sollten, ihr Abenteuer zu beginnen. Sie sollten keine Pläne oder Entwürfe machen, wie ihre Reise verlaufen sollte, sondern einfach ihr Ziel in Form eines Rucksacks tragen und sich auf den Weg machen, um Gott, den anderen Pilgern und sich selbst zu begegnen. Sie sollen zulassen, dass das Göttliche ihr Herz berührt und sie verwandelt, so dass sie, wenn sie in ihrem Alltag ankommen, gelernt haben, dass es eine andere Art zu leben gibt, mehr in Gemeinschaft mit anderen und mit sich selbst, und so lernen, dass der Mensch ein Pilger in seinem Leben ist und dass das Ziel die Fülle des Seins mit Gott ist. (Original: Que no duden ni un solo segundo en empezar su aventura. Que no hagan planes ni esquemas de cómo tiene que ser su viaje, que simplemente se carguen su cruz en forma de mochila y vayan al encuentro con Dios, con los peregrinos y con ellos mismos. Que dejen que lo divino toque sus corazones y los transformes para cuando lleguen a sus vidas diarias hayan aprendido que hay un estilo diferente de vida, mas en comunión con el prójimo y consigo mismo, y así aprender que el ser humano es un peregrino en su vida y que el objetivo es la plenitud de ser con Dios.)

Ulla: Menschen, die nicht wissen, ob sie losgehen sollen frage ich immer ‚Auf was wartest du?‘ Geh los und fühle, wie gut es dir tut! Geh allein und treffe den, der auf dich wartet! Die Menschen die gegangen sind kommen immer verändert und gestärkt wieder!

Carolina: Vielen herzlichen Dank euch beiden für das Teilen eurer schönen Erfahrungen und buen Camino!

3 Kommentare

  1. Matthias Trzeciok sagt

    Danke! Für die tiefen, mit Sicherheit guten- und sympathischen Ratschläge von Ulla und Jaime 🙂
    Es macht Freude zu lesen!
    Grüße aus Berlin/Brandenburg
    Matthias

  2. Maria sagt

    Sehr interessanter Beitrag! Wir wollen auch bald wieder wandern und freuen uns schon sehr darauf! Viele Grüße aus Niederbayern 🙂

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